Die "Dornensau"


27.11.2006

erlebt und geschrieben von Kurt Langner

Sonntag 26. November 2006. 21 Uhr klingelt mein Handy. Der Jagdpächter, selbst im Dauerstress und noch in der Firma ruft mich an: "Kurt, eine Sau wurde am Ostkamp angefahren. Kannst du helfen, ich komme auch, die Sau muss nachgesucht werden". "Was, eine Sau in Immendorf? Hier im Niederwildrevier?!". Antworte ich. Diese Sau ist dann die dritte in Immendorf innerhalb von X Jahren.
Wir treffen uns, UnfallstelleBernd mit ElliGustav kam direkt aus der Firma. Wir umkreisen den ganzen Ostkamp doch leider ohne Erfolg. Abbruch! Es ist dunkel und wir finden keine Fährte, zu ungenau die Angaben der Polizei und des Fahrers des PKW. Der Schaden am Auto ist immens, wenigstens ist dem Fahrzeugfahrer nichts passiert.
Gustav fragt mich ob ich am nächsten Morgen mit zur Nachsuche kommen könne. Ich sage voller Vorfreude zu. An dieser Stelle, wo die Sau angefahren wurde, ist schon viel Rehwild dem Straßenverkehr zum Opfer gefallen. Aber eine Sau?
Am nächsten Morgen also Treffen am "Rüttelbus". Es ist eine, von vielen Stelle an den Landstraßen wo man(n) etwas "entspannter" einem Wohnmobil entsteigt. Also, wie verabredet treffen wir uns um 8 Uhr, Gustav, Bernd, Henning, Hubi, Wolfgang und ich. Bernd hat seine Elli, eine Hannoversche Schweißhündin mitgebracht.
Wir fährten die Unfallstelle ab. Nach kurzer Suche steht fest, die Sau ist wieder dahin gezogen von wo sie kam: Vom Flugplatz. Nach eingehender Beratung kam Elli zum Einsatz. Nun ging es bis zur Bahn die parallel zum Flugplatz verläuft. Gleich neben den Bahnschienen hatte sie im Wundbett gelegen. Sie ist höchstwahrscheinlich durch den ersten Zug der an diesem Morgen fuhr hochgemacht worden. Also sind wir die Böschung rauf und weitersuchen. Aber alle Bemühungen waren umsonst. Die Fährte wurde nicht mehr gefunden. Was war los?
Kurze Beratung dann war klar: "Herr Dönitz musste herkommen!" Er steht dem Landkreis Wolfenbüttel Herr Dönitz bei der NachsucheHerr Dönitz bei der Nachsucheneben Herrn Reuper mit seinem Schweißhund zur Verfügung. Aber ein solch passionierter Nachsucher mit seinem Vierläufer freut sich auch über Suchen außerhalb seines Einzugsbereiches.
11:00 Uhr. Wir alle und Herr Dönitz treffen uns wieder am "Rüttelbus". Wieder kurze Besprechung und los ging es.
Gustav und Bernd gehen mit Herrn Dönitz er führt seinen Hannoveraner Schweißhund. Hubi, Henning und ich stellen uns hinter dem Flugplatz auf, ich am "Schafstall". Kurz darauf ein rascheln im hohen Gras, jetzt aufgepasst es geht los. Nein ich mache nur einen Hasen hoch, sonst ist alles ruhig. Wäre auch zu schön gewesen eine Sau schiessen zu können. Bald taucht Gustav am Rand der alten Landebahn auf. Wir sollen weitergehen gibt er mir durch Zeichen zu verstehen. Unsere Richtung soll zur neuen Landebahn führen. Morgens ist noch kein Flugbetrieb. Ganz langsam geht es weiter, es ist immer noch alles ruhig.
Nach einer Stunde Treffen am Rückwechsel, nahe der neuen Landebahn. Wir beraten uns kurz, dann umstellen wir mit fünf Mann das kaum zu durchdringende Dickicht nahe der Landebahn.
Herr Dönitz kriecht auf allen Vieren das mit Hundsrosen und anderen dornigen Sträuchern bewachsene Revierteil. Er hat schon mit den Dornen Kontakt aufgenommen. Herr Dönitz im DickichtKurt nach erfolgreicher JagdSeine Schmarren im Gesicht zeugen davon. Es ist nicht leicht mit vierläufigen Jagdhelfer am Riemen, Gewehr und sonstige Ausrüstung durch Unterholz und Gestrüpp zu kriechen. Dabei immer mit der Gefahr konfrontiert von einer Sau angenommen zu werden. Nach kurzer Zeit erklingt Hundegebell. Wurde die Sau gestellt? Es vergingen nur Augenblicke da knackte es links vor mir im Dickicht. Gewehr in Voranschlag gebracht und entsichert ist eine Bewegung von mir. Nun gespanntes Warten. Der Puls ist im Kragen zu spüren. - Ich kann es nicht glauben: Vor mir links, vielleicht 8 Meter entfernt zeigt sich das Haupt des Keilers. Deutlich konnte ich seine Waffen sehen. Er nimmt Wind auf, sichert ein paar Sekunden. Schießen unmöglich. Dichtes Dornengestrüpp schützt den Keiler. Am Krachen im Unterholz vernehme ich, dass der Keiler Richtung Landebahn zum Henning oder Gustav wechselt. Nach ca. 3 Minuten kommt das Stück zurück. Herr Dönitz ist immer noch im Dornenabschnitt. Etwa 10 Meter links neben mir überspringt der Keiler den schmalen Fahrweg. Jetzt steht er vor einem Gatterzaun. Er weiß wohl nicht genau wohin er sich drücken soll. Jetzt zeigt er mir seine Breitseite, ich kniete schon im trockenem Gras. Herr Dönitz mit seinem SchweisshundHerr Dönitz mit seinem SchweisshundDas Gestrüpp hing sehr weit am Boden, trotzdem sah ich wie er sich langsam in meine Richtung voranschob. Die Gelegenheit war günstig, konnte nicht besser werden, also drückte ich. Der Schuss bricht aber der Keiler geht einige Meter am Zaun weiter, biegt links ab und ist nicht mehr zu sehen oder zu hören. Herr Dönitz kommt mit seinem Hund angestürmt. Dann eine ganze Weile Standlaut. Herr Dönitz geht jetzt langsam zur Richtung seines Hundes. Kurz darauf ein Schuss und der Ruf "Sau tot!"
Erst jetzt merke ich meine Aufgeregtheit und Erleichterung. Bernd und Hubi zerren die Sau aus dem dichten Gestrüpp zu dem Platz wo sie aufgebrochen werden soll. Ich fange mit der "Roten Arbeit" an. Toll, mein Messer ist stumpf. Das Gelächter ist groß und ich muss mir einiges anhören. Gustav macht mit der Roten Arbeit weiter.
Mir als Erleger steht das Jägerrecht zu. Yur Erkl'rung f[r Nichtj'ger> Dem Schützen überlassene Teil des erlegten Schalenwildes. Es besteht aus Kopf (incl. Trophäe), dem Hals bis zur 3. Rippe, Decke, Feist und dem Aufbruch. Das Jägerrecht stand damals als Entgelt dem Berufsjäger zu.
Wir stellen am aufgebrochenem Stück fest: Eine Niere zerfetzt, Filet durchgerissen, Rippenverletzung.

Es hat sich wieder herausgestellt: Nachsuche tut Not", und ist nicht nur nach dem Gesetz vorgeschrieben, und ist ein Muss. Auch wenn sie fast den ganzen Tag dauert. Durch die Erlösung ist dem Tier noch viel Leid erspart worden.
Es wurden noch einige Fotos gemacht und alle waren zufrieden, dass es uns gelungen ist das sehr kranke Stück zur Strecke zu bringen. Wie lange hätte es gedauert bis es elendig verludert wäre!?
Herr Dönitz mit seinem SchweisshundDie erfolgreichen Jäger

















Copyright © 2006 by Kurt Langner
alle Fotos von Gustav Kirchberg