Bock an der "Zollbude"


08.06.1999

An einem herrlich schönen Abend saß ich mit Ben in der Zollbude am Wäldchen hinter unserem Jagdwagen. Der Blick nach Süden und Osten war bei untergehender Sonne wunderschön. An diesem Abend hatten wir leichten Westwind und ich hoffte wieder wie die Tage zuvor, einige Stücke Nieder- oder Raubwild in Anblick zu haben. Ich saß schon einmal mit Ben an dieser Stelle und ein Hase hoppelte direkt zu unserer offenstehenden Tür. Ich hatte Ben damals zu mir auf den Schoß genommen, da es in dieser Bude am Boden vor Zecken wimmelte. Jedenfalls kam der Hase auf weniger als zwei Meter an unsere Tür. Er schaute zu uns herein und Ben war ganz ruhig geworden, er hörte sogar auf zu atmen und war äußerst gespannt. Der Hase rupfte noch ein Blatt vom Wegerich und drehte sich gelangweilt um. Er machte sich auf der nach links angrenzenden Wiese einen fetten Abend. An dieser Stelle sind uns schon einmal Hasen und ein sehr gut gezeichneter Fuchs von Osten gekommen obwohl wir Westwind hatten und sie von uns Wind bekommen hätten müßten.
Tage zuvor wollte ich einmal nach einen Bock Ausschau halten und pirschte aus dem Wäldchen. Auch an diesem Abend hatten wir Westwind und ein Schmalreh und ein Bock standen für mich völlig überraschend auf der Wiese im Osten von mir. Eigentlich hätten beide Stücke von mir Wind bekommen müssen. Ich sprach den Bock als gut veranlagten Spießer an. Legte meine Blaser am Zielstock an und wollte probieren ob ich ihn gut rein bekommen würde. Ich schoß aber nicht, weil ich eigentlich an diesem Abend auf Marderhund und Sau Ansitzen wollte. Im nachhinein meinte Henning und Gustav ich hätte ihn schießen sollen. Am darauffolgenden Tag sah ich nur noch das Schmalreh und war der Meinung der Bock sei von Ellrich aus geschossen worden.
An diesem Dienstag, den 08. Juni 1999 saß ich nun und mir gingen die Ereignisse der vorherigen Tage durch den Sinn. Auch hatte ich die Gegend fotografiert und als Panoramabild zusammengeklebt, in der Mitte des Bildes ist Süden. Wieder einmal leuchtete ich den Raps ab und im überfliegen meinte ich ein paar Lauscher gesehen zu haben. Mit dem Glas zurück, aber ich hatte mich wohl getäuscht. Doch immer wieder leuchtete ich diese Stelle ab. Dann war doch das Schmalreh und nicht weit davon der Bock, den ich schon zuvor angesprochen habe. Beide standen im hohen Raps und ästen. Ab und zu waren sie zu sehen. Schießen war zu weit und durch die Höhe des Rapses unmöglich. Eigentlich wollte ich diesen Bock auch gar nicht schießen, ein besserer wäre mir recht gewesen. Sollte ich also den Abend so verstreichen lassen? Nein. Also anpirschen dachte ich. Mal sehen wie weit ich an das Rehwild herankommen würde. Ben legte ich ordnungsgemäß an der „Zollbude“ ab und ich pirsche über die Wiese erst nach Osten, direkt nach Süden stand der Roggen oder Tritikale und das Rehwild hätte von mir Wind bekommen. Als ich an dem früheren Wirtschaftsweg angekommen war, pirschte ich vorsichtig im hohen blühenden Gras immer auf Deckung achtend an die beiden Stücke. Sie standen noch immer im Raps und ich kam bis auf 12 - 15 Schritt an das Schmalreh heran. Weiter kam ich nicht. Links der Raps, schräg links vor mir das Schmalreh dahinter der Bock und rechts der Roggen woher der Wind kam. Was nun? Abwarten? Eine Weile sah ich einem Neuntöter auf einem Halm zu, er sang sein Lied, dann wurde es mir zu bunt. Ich stellte mich ganz ruhig in dem Moment hin als das Schmalreh nicht zu mir blickte. Aber dann, sie sah mich, stand auf und wechselte aufgeregt von einem Lauf auf den anderen. Daraufhin setzte sie in großen Sprüngen nach Süden am Bock vorbei ohne zu schrecken. Jetzt folgte ihr der Bock, er wußte immer noch nicht was los war. Beide wechselten über den mit Unkraut hoch bewachsenen Wirtschaftsweg in den Roggen. Jetzt war mein Moment gekommen und ich lief schnell bis fast an die Stelle wo beide im Roggen Deckung suchten. Meine Hoffnung war nun, daß das Rehwild wieder in den Raps zurück wollte. Und wirklich, ich stellte mich an eine Spritzspur, der Bock steckte erst sein Kopf, er hat einen den er gehört zum Niederwild, in die Spur dann stand er in der Spritzspur und äugte mich von vorn an. Es waren nur etwa 8 Schritt. Im Stehen spitz von vorn. Jetzt brach der Schuß, er lag und ich beendete das Schlegeln mit einem Kammerschuß durch meinem Revolver.
Das Erlebnis und die Jagdart rechtfertigen für mich den Bock. Den Bock brachte ich bergauf bis zur Wiese wo ich Ben abrief, der sich wie ich mächtig freute. Der Bock wurde versorgt und ich setzte mich noch zum Nachtansitz in das „Scheißhaus“ und mir kam ein Dachs ganz nah auf etwa 4 Meter.

Es war ein sehr schöner Jagdtag.





Copyright © 1999 by Dietmar Schliephake